Naturhistorisches Museum Nürnberg

Virtuelle Aus­stellung

„Amulett, Talisman, Glücks­bringer“

Venus aus Gagarino

Russland, Sta­tuet­te Nr. 1, Alter ca. 23.000 Jahre, Höhe 5,8 cm, Mam­mut­elfen­bein (Kopie)
Diese weib­liche Figur ge­hört in die kano­nische Grup­pe der Gra­vettien „Venus“-Figu­rinen (siehe letz­ter Bei­trag, Nr.8), wobei die Be­zeich­nung Venus irre­füh­rend sein kann, da wir nicht wis­sen, wel­che Be­deu­tung(en) und Funk­tion(en) diesen Figür­chen ur­sprüng­lich zu­ge­schrie­ben wur­de. Sie ist eine der jüng­sten Ver­tre­terin­nen inner­halb der Grup­pe und erin­nert in ihrem be­trächt­lichen Leibes­um­fang an die be­rühmt­e Willen­dor­ferin (ca. 28.000 Jahre alt) aus Nieder­öster­reich. Auch bei ihr ist eine Fri­sur oder viel­leicht eine Hau­be durch regel­mäßi­ge verti­kale Stri­che an­ge­deu­tet, je­doch weit weni­ger fein aus­ge­arbei­tet. Im Gegen­satz zur Wil­len­dor­ferin en­den ihre Arme knapp un­ter­halb der Ellen­bo­gen und ver­schmel­zen mit den volu­minö­sen, schweren Brüs­ten. Wie weit ihre Beine aus­gear­bei­tet waren, lässt sich lei­der nicht mehr sa­gen, da sie heute nur noch frag­men­tier­te Ober­schen­kel­stümpfe auf­weist. In Zu­sam­men­hang mit die­sen Frauen­fi­guri­nen liest man nach wie vor in der Fach­li­tera­tur Inter­pre­ta­tionen, die in Rich­tung „Grosse Mutter“ gehen oder in Zu­sam­men­hang mit weib­licher Ferti­li­tät ste­hen. Eine Vor­stel­lung die sich aus Maria Gimbu­tas' Inter­pre­ta­tion der neo­lithi­schen Frauen­figu­ren ab­ge­lei­tet hat. Diese, wie alle an­deren Inter­pre­tatio­nen blei­ben spe­kula­tiv. Wir wis­sen schlicht zu wenig von der Vor­stel­lungs­welt der jung­paläo­liti­schen Jäger, deren Lebens­wei­se sich funda­men­tal von dem der Neo­lithi­ker unter­schei­det. Allein die ge­ringe Größe der Fi­gu­ren könn­te ein Hin­weis da­rauf sein, daß sie von den mobi­len Jägern zu­mindest eine Zeit mit sich her­um­ge­tra­gen wur­den. Die Mög­lich­keit be­steht, daß sie so­mit eine Amulett­funk­tion hat­ten, aber auch das ist nur eine Wahr­schein­lich­keit.

Adeline Schebesch

Venus aus Gagarino